Die Brennerbande, Teil 16


"Schickmo und Netbeth sind nicht hier, du Drecksau." Lier, jüngstes Mitglied der Brennerbande, klang überraschend gehässig mit ihren acht Jahren. Skimir wußte, dass sie und ihr Bruder Elstadt zwei Häuser weiter wohnten, Die Brenner hatten ihn also genau abgepasst. Es lief ihm kalt den Rücken herunter und seine Nackenhaare stellten sich auf, in Erwartung der Tracht Prügel, die jetzt folgen mußte. Dennoch versuchte er sich keine Blöße vor dem kleinen Mädchen zu geben:

"Und wo ist Schikmo jetzt?"

"Er sucht sich Arbiet."

"Das denk ich mir." Er stockte kurz. "Ich will ihm helfen. Wo kann ich ihn finden?"

"Da traust du dich eh nicht hin."

Skimir bekam ein ganz übles Gefühl bei Liers Antwort. Nicht nur, dass ihm ihr gehässiger Ton langsam auf die nerven ging. So wie ihre Worte klangen, plapperte sie etwas nach, was sie von den älteren Bandenmitgliedern aufgeschnappt hatte.

"Pass auf, mit n bißchen Glück hab ich was, dass seine Hand wieder richtig in Ordnung kommt. Ich muß ihn nur sprechen."

"Dann geh ihm doch nach." Jetzt mischte sich auch noch boshafte Freude in die Stimme des kleinen Mädchens. "Geh doch zu Onkel."

Es verschlug Skimir die Sprache. Man ging nicht einfach zu Onkel. Wenn, dann kamen ein paar seiner Ritter zu einem, und machten ein Angebot, das man nicht ablehnte. Onkel, Anführer der Neustädter Ritter. Wenn sich die Feldstraßler wirklich als Bande betrachteten, dann fehlte ein Begriff für das, was die Ritter waren. Und in der Neustadt dachte man an sie, wenn man von Rittern sprach, nicht an die Mitglieder des alten Ordens von der Hand, der überall Wohltätige Dienste einrichtete. Die größte und gefürchtetste Bande Xpochs. Eine Organisation, die selbst einige Bertis in der Tasche hatte und jedes nennenswerte Verbrechen in der Neustadt zu verantworten hatte.

Lier hatte recht. Schikmo würde sich niemals trauen, zu ihm zu gehen. Aber genauso wenig konnte er glauben, dass Schikmo dort hingegangen war.

"Was will er denn da?" Seit wann hat Onkel Jobs für verletzte Jungs?"

"Onkel tut was für uns."

"Das stinkt doch. Was soll Onkel mit Schikmo? Ihr seid ja alle plemplem. Ich kann euch wirklich helfen. Da gibts jemanden, der das heilen kann."

"Ich werd's ihm ausrichten." Dann überzog ihr Gesicht ein Lächeln, dass in seiner Gehässigkeit nur von Kindern gelächelt werden konnte, die auf der Straße groß wurden. "Jetzt verpiss dich du Ingenratte, oder du kommst nicht mehr nach Hause."

Das Blut wich aus Skimirs Gesicht, doch er tippte sich grüßend an die Stirn - die Mütze tatsächlich zu ziehen traute er sich nicht, zu sehr zitterten seine Hände.

Dann lief er die Treppe wieder herunter, durch den Flur, den Torbogen hinaus zu seinen Freunden.

Die Kinder aus der Feldstrasse